Der neueste Interhyp‑IW Erschwinglichkeitsindex (Stand: April 2025) liefert erstmals seit Jahren ein positives Signal: Wohneigentum ist für viele Haushalte wieder rechnerisch erschwinglich (Index > 100). Doch regional bestehen massive Unterschiede – von strukturschwachen, sehr günstigen Landkreisen bis zu überteuerten Metropolen wie München oder Starnberg.
Dieser Artikel erklärt: Was bedeutet der Index? Wie sind die regionalen Gestaltungen? Welche Faktoren beeinflussen Erschwinglichkeit? Und was bedeutet das für potenzielle Immobilienkäufer?
1. Was ist der Erschwinglichkeitsindex?
Der Interhyp‑IW Erschwinglichkeitsindex, erstellt vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln im Auftrag von Interhyp, misst die Leistbarkeit von Wohneigentum auf Kreisebene. Dabei wird die monatliche Kreditlast (Annuität) ins Verhältnis zum verfügbaren Haushaltsnettoeinkommen eines fiktiven Mittelverdiener‑Haushalts gesetzt.
Ein Indexwert von 100 markiert die Schwelle zur Erschwinglichkeit: Wer mehr zahlt, gilt als überlastet, wer weniger zahlt, kann den Kauf stemmen. Ein höherer Wert = größere Erschwinglichkeit .
2. Bundesweiter Befund: Wohneigentum wird wieder leistbar
2.1 Rückkehr über die Schwelle
Nach einem Tiefpunkt im Herbst 2022 bei nur 87 Punkten liegt der Index im April 2025 erstmals wieder leicht über 100 Punkten – eine Zäsur. Sinkende Bauzinsen, steigende Einkommen und stagnierende oder gesunkene Immobilienpreise tragen dazu bei .
2.2 Stabilität vs. Ungewissheit
Trotz der Erholung bleibt der Markt sensibel – insbesondere gegenüber politischen Eingriffen, wie beispielsweise Kreditsondervermögen oder regulatorischen Änderungen. Die Indexwerte reagieren stark auf Zinsschwankungen und Preiszyklen .
3. Regionale Unterschiede: Wo es sich lohnt – und wo nicht
3.1 Ausreißer am unteren Ende
Am stärksten leidet die Erschwinglichkeit im Landkreis Miesbach (52 Punkte) sowie in Starnberg und München (~54–59), obwohl in München hohe Einkommen vorliegen – aufgrund exorbitanter Immobilienpreise .
3.2 Landkreise mit Top-Werten
Im Holzminden (174 Punkte), Anhalt-Bitterfeld und Salzlandkreis (je 170) ist Wohneigentum vergleichsweise günstig. Hier ist der Kauf für Modellhaushalte weit unter der Belastungsgrenze möglich .
3.3 Städte mit überdurchschnittlicher Erschwinglichkeit
Auch in einigen kleineren Großstädten wie Wolfsburg (151), Magdeburg (136) oder Bremen (126) liegt der Index deutlich über 100 – trotz relativ hoher Nachfrage, da Einkommen und Preise in Balance stehen .
4. Dynamik der Entwicklung (2023–2025)
4.1 Pervasiver Aufwärtstrend
Im Zwei-Jahresvergleich (April 2023 bis April 2025) stieg die Erschwinglichkeit in 392 von 400 Kreisen. Selbst ehemals angespannt Märkte wie München (+18 %), Hamburg (+17 %) oder Erzgebirgskreis (+17 %) zeigen Verbesserungen .
4.2 Lokale Schwankungen
Zwischen April 2024 und April 2025 sank der Index in in 175 Kreisen leicht – Indiz für Stabilisierung oder regionale Preissteigerung. Ein Abwarten ist nicht automatisch lohnenswert .
5. Einflussfaktoren im Detail
5.1 Zinsentwicklung
Die wichtigsten Treiber für die Erschwinglichkeit sind die Bauzinsen (sinkend → höhere Erschwinglichkeit). Trotz moderater Preisanstiege seit 2023 ist die monatliche Belastung insgesamt gesunken. .
5.2 Einkommen
Parallel zu sinkenden Zinsen steigen auch die verfügbaren Einkommen – was den Index nachhaltig stützt und die Belastung senkt. Regionen mit überproportionalem Einkommenswachstum profitieren besonders. .
5.3 Immobilienpreise
In vielen Bereichen stagnieren oder steigen die Preise nur moderat. In Kombination mit günstigem Zinsumfeld wirkt sich das positiv auf die Erschwinglichkeit aus. In Hochpreisregionen bleibt der Index jedoch gedrückt. .
6. Vergleich mit anderen Indizes und Einschätzungen
6.1 IVD-Ergebnisse
Der IVD‑Index zur Erschwinglichkeit erreichte in 2025 einen Höchststand von 139 – höher als jemals zuvor (2012: 134,6). Besonders günstig: der Osten Berlins (139 Punkte), Dresden (135), Leipzig (132) und Hannover (130) .
6.2 Prognose
Laut IVD-Experten nimmt die Erschwinglichkeit bereits ab, da Zinssenkungen kaum mehr möglich sind und Preise weiter steigen dürften. Der Kaufzeitpunkt ist laut Experten aktuell ideal, bevor die Belastung wieder spürbar steigt .
7. Kaufrelevanz je Zielgruppe
7.1 Selbstnutzer:innen
Ein Indexwert > 100 kann ein Hinweis darauf sein, dass ein Kauf aus Sicht der Haushaltsbelastung vertretbar ist. Besonders für typische Mittelverdiener:innen lohnt sich in solchen Regionen der Einstieg in Wohneigentum.
7.2 Investor:innen
Bei eher rentablen Immobilienmärkten jedoch in teuren Städten: Nettorenditen sind niedrig (< 3 %). Hohe Kaufnebenkosten (bis 13 %) und geringe Mietrenditen schmälern die wirtschaftliche Perspektive .
7.3 Familien, Paare & erste Eigenheime
Für junge Familien oder Paare, die langfristig planen, bietet ein Kauf in Regionen mit Indexwerten über 130 eine solide Basis – vor allem, wenn Finanzierung sicher gestaltet wird.
8. Fallbeispiele: Worst & Best Cases
Region | Indexwert | Einschätzung |
---|---|---|
Holzminden | 174 | Ideal für Käufer mit mittlerem Einkommen |
Miesbach / Starnberg | ~52–59 | Nur mit hohem Einkommen sinnvoll |
Wolfsburg, Magdeburg | >130 | Gutes Preis-Einkommen-Verhältnis |
München, Berlin (West) | <60 | Finance only möglich für Wohlhabende |
9. Handlungsempfehlung
- Regionale Indexwerte prüfen: Nutze die interaktive Karte des IW Köln, um Deine Region oder Wunschregion zu vergleichen.
- Finanzierung sichern: Zinsbindung planen, Eigenkapital einbringen, Nebenkosten kalkulieren (Notar, Grunderwerbsteuer etc.)
- Zugriffsfähigkeit prüfen: Index > 100 heißt rechnerisch erschwinglich – aber individuelle Belastbarkeit, Karriereplanung und Zinsrisiko müssen berücksichtigt werden.
- Alternative Standorte prüfen: Kleine Großstädte oder ländliche Regionen können Überraschungen bieten – rentabler Kauf und bessere Erschwinglichkeit.
- Strategisch handeln: Wer aktuell kauft, kann langfristig höhere Belastung vermeiden – angesichts erwarteter Preis- und Zinssteigerungen.